Fr. Dez 13th, 2024

Brenta Runde – 4 Tage – für Normalwanderer mit alpinem Flair

1. Etappe TOURENTELEGRAMM
Andalo Parkplatz Val Boile bis Refugi Selvata, 9,4 km, 600 hm hoch, reine Gehzeit 3:00 h

Highlights: Il mondo di sciury, schöner Wanderweg zum Refugi Selvata

Wetter: Sommerlich warm, 20 min. leichter Regenschauer

Vier Tage Brenta liegen vor mir. Ich starte morgens um 6:30 Uhr bei mir zu Hause und bin um 12:30 Uhr am Parkplatz Val Biole (bei Andalo) und starte dort nach kurzer Pause meine Tour. Zu Beginn bin ich noch von einigen Menschen umgeben, denn die Seilbahnstation Molveno liegt in der Nähe und so mancher macht eine kleine Tour um diese Seilbahn herum. Man merkt den Wanderern an, dass sie nicht auf eine große Tour eingestellt sind (Turnschuh-Wanderer). Es gibt einen kleinen Waldlehrpfad „Il mondo di Sciury“ mit geschnitzten Holzfiguren, Schautafeln und immer wieder schönen Aussichtsplätzen.

Auch ein Waldspielplatz ist dabei. Hier können sich Kinder echt wohl fühlen. An der Seilbahnstation ist dann auch einiges los und ich gönne mir ein kühles Getränk, um nach der langen Fahrt auch noch eine kleine Pause zu haben. Dann beginnt ein wunderschöner schmaler Wanderweg, der mich in circa 2 Stunden zum Rifugio Selvata führt, wo ich auch übernachte.

Ich bin der einzige Gast und so stellt sich sehr schnell viel Ruhe und Entspannung ein. Schon an diesem ersten Tag ziehen die Bilder der Bergkulisse in einer Endlosschleife an mir vorbei als ich auf der Hütte bin. Ich schau mir meine Fotos noch mal an und bin beeindruckt von dieser faszinierenden Berg Welt, all den spitzen Gipfeln und den interessanten Schichtungen, die die Brenta zu bieten hat. Ich sage Schichtungen, weil die Berge hier sehr oft wie ein Blätterteig geschichtet sind.

2. Etappe TOURENTELEGRAMM:
Refugio Selvata bis Refugio Tuckett über den Sentiero Orsi, 15 km, Gehzeit 7:00 h (+ ca 1 Stunde Umweg… Abzweigung verpasst)… 1200 hm hoch, 400 hm runter (ca. Angaben)

Highlight: Sentiero Orsi

Wetter: Sonnig

Wie das oft so ist, habe ich am Abend vor dem zweiten Wandertag schon die Karte studiert und überlegt, ob ich die vorgeschlagene Route wandere, oder was mich sonst noch interessiert; meist bleibt es doch nicht aus, dass ich eine extra Route finde und so auch diesmal.

Meine normale Route führt mich mit einem einfachen Wanderweg in westlicher Richtung um die Brenta herum, und zum Refugio Tuckett, aber mir erscheint das ein bisschen zu wenig herausfordernd. Ich spreche mit Michele (dem Hüttenwirt am Refugio Selvata) und frage ihn, was er zum Sentiero Orsi meint, wie lange man da wohl unterwegs ist, und ob es mit Hund zu laufen ist. Ich zeige ihm den Weg auf der Karte. Da er diesen Weg noch nicht gelaufen war, schlägt er vor, ich solle am nächsten Tag am Refugio Pedrotti noch mal fragen, denn dieser Hüttenwirt kenne sich besser aus. Er sagt aber auch, dass das eine ganz schön lange Wanderung wird, mit circa acht Stunden Gehzeit. So schätzt er es ein! So nehme ich es mir dann auch vor: erst mal zum Refugio Pedrotti laufen, dort noch mal nachfragen und dann entscheiden: außen rum oder mitten durch!

Refugio Pedrotti

Bei schönem Sonnenschein starte ich um 7:20 Uhr meine Tour. Im ersten Abschnitt liegen knapp 900 Höhenmeter vor mir, die ich in knapp 3 Stunden bewältige.

Dann bin ich am Refugio Pedrotti. Wie geplant, frage ich den Hüttenwirt, was er zum Sentiero Orsi meint, und ob dieser Weg mit Hund zu laufen ist und wie lange es ungefähr dauert. Eine junge Frau, die auch mit Hund unterwegs ist, erzählt mir, dass sie diesen diesen Weg mit Hund schon gelaufen ist und dass es gut zu machen ist.

Ich rechne mit ca. 4 Stunden Gehzeit, und wandere zufrieden und gespannt los. Der Weg führt mich ins Herz der Brenta und die erste Stunde ist ohne jede Schwierigkeit zu meistern. Dann komme ich zu einem Sattel und als ich dann um die Ecke gucke, wird mir schon erst einmal mulmig. Die Felsenkulisse ist beeindruckend, aber das Massiv, an dem ich nun entlang wandern werde, geht fast senkrecht in die Tiefe und der Steig schmiegt sich eng an den Berg. Dieser Abschnitt ist technisch nicht wirklich schwierig, aber für die Psyche und den Kopf eine ganz schöne Herausforderung. Es gibt eine Seilsicherung und nach kurzer Überlegung sage ich mir: das ist machbar, du schaffst das und Rosa schafft es auch! Ich habe noch als Option im Hinterkopf, wenn ich an dieser Schlüsselstelle dieser Tour ankomme, dass ich immer noch zurückgehen kann, und den anderen Weg gehe. Auch das ist bei der Planung einer Tour so wichtig, einen Plan B zu haben, für den Fall, dass ein Weg zu schwierig wird, oder dass das Wetter sich ändert, oder es geht einem nicht so gut, oder sonst irgend etwas. Die eigenen Grenzen erkennen, und dann handeln, das ist wichtig.

Aber ich bin guten Mutes, wandere tapfer los, Rosa erhält das Kommando „hinten“ und sie scheint genau zu spüren, dass es hier gefährlich ist, denn sie bleibt eng an meinen Beinen und läuft sehr konzentriert hinter mir. So meistern wir dieses Wegstück ohne jede Schwierigkeit.

Dann folgt ein weiterer herausfordernder Wegabschnitt, denn wir müssen durch sehr tiefes Geröll, an einem sehr steilen Abhang. Auch hier gibt es wieder eine Seilsicherung, aber für Rosa gibt es keine Möglichkeit sich festzuhalten. Ihre vier Pfoten finden aber guten Halt in den Geröll und wieder bleibt sie schön eng hinter mir und meistert dieses Stück mit Bravour.

Weiter geht’s und nicht lange danach wartet auf uns die nächste Herausforderung: der Weg geht über eine steile Felskante abwärts und zusätzlich zu den Steinstufen, die sehr große Abstände haben, gibt es einige Eisentritte in der Wand, die diesen Abschnitt sehr entschärfen (für Menschen, aber nicht für Hunde). Rosa schaut hinab und sagt sich: Frauchen, nicht mit mir. Sie bleibt stehen und gib mir zu verstehen: Hier gehe ich nicht runter! Ich schaue mich um, ob es für Rosa irgendeine Möglichkeit gibt, diesen kurzen Wegabschnitt zu umlaufen, aber da ist keine Möglichkeit da!

Ich nehme ihr die Satteltaschen ab, und befestige sie auf meinem Rucksack. Ich steige am Seil, mithilfe der zusätzlichen Eisentritte, diese Steilstufe hinab und lege unten meinen Rucksack ab. Dann klettere ich wieder hinauf, halte Rosa an ihrem Geschirr und führe sie langsam, mit beruhigenden Worten, Steinstufe für Steinstufe, vorsichtig nach unten. Rosa merkt sehr schnell, dass mein Griff ihr hilft, auf den Steinstufen mehr Halt zu finden, und sie wird immer ruhiger. So lässt sich diese Schwierigkeit gut überwinden. Puh, denke ich, das ist gut geschafft und weiter geht’s.

Das sind ja echt Wege nach meinem Geschmack! Bin begeistert und nehme mir immer wieder Zeit stehen zu bleiben und die Felsenkulisse zu betrachten und mich daran zu erfreuen!

Mein Ziel ist, bis um circa 14:00 Uhr an der Bocca Tuckett zu sein (dem höchsten Punkt meiner heutigen Tour), um dort eine schöne Mittagspause zu machen. Doch es zeigt sich einfach kein Übergang zwischen den Felswänden. Immer wieder denke ich: jetzt müsste es aber bald mal nach links gehen, aber ich sehe nichts. Als ich dann den Übergang endlich entdecke, bin ich schon viel zu weit gelaufen, den Abzweig nach links muss ich verpasst haben. Ich gehe dann zurück und stelle fest, dass der Wegweiser für die Abzweigung kaputt ist und auf dem Boden liegt, und ich ihn übersehen habe, und die Wegmarkierungen fast nicht mehr zu sehen sind, sie sind viele Jahre alt und komplett verblasst. Kein Wunder, dass ich diesen Abzweig verpasst habe. So verliere ich 1 Stunde und da ich sehr hungrig bin, gibt es doch erst mal eine kleine Pause, bevor ich den letzten Anstieg zur Bocca Tuckett angehe.

Es ist gut, dass ich mich noch mal gestärkt habe, denn der Aufstieg erweist sich als sehr kräftezehrend. Dieser Bergeinschnitt war sicher mal ein Gletscher und die Ränder, die jetzt den Wanderweg bilden, sind geprägt von einem sehr brüchigen Gestein und dadurch auch sehr Steinschlag gefährdet und schwierig zu gehen. Mit mir laufen zwei andere Wanderer diesen Weg und wir müssen immer wieder Abstand halten, um uns nicht gegenseitig durch herunter rieselnde Gesteinsbrocken zu gefährden. Als der letzte Anstieg geschafft ist, bin ich glücklich und froh, dass jetzt nur noch 1 Stunde Abstieg vor mir liegt.

Bocca Tuckett vom Refugio Tuckett aus

Doch die letzte Stunde hat es in sich! Ich sehe schon das Refugio Tuckett, es scheint ganz nah, aber der Abstieg hat extrem weiches Geröll und dabei sehr steile Steinstufen und keinerlei Sicherung, so dass ich diesen Weg sehr langsam nehmen muss, um nicht ins Rutschen zu geraten. Dann gibt es wieder einige Steilstufen, mit eingeschlagenen Eisentritten, die für Rosa nicht so ohne weiteres zu schaffen sind. Also wieder Satteltaschen abmachen, mich mit den Satteltaschen beladen und erst mal den Rucksack runter tragen und anschließend Rosa holen. Darin habe ich ja jetzt schon Übung und wir kriegen das jeweils gut hin, aber es dauert halt.

Als wir dann gegen 16:00 Uhr an der Hütte sind, sind wir beide ganz schön platt. Immerhin sind wir jetzt schon gut 10 Stunden unterwegs. Aber wir sind auch stolz und glücklich, dass wir so einen tollen Weg bewältigt haben.

Das hört sich vielleicht alles jetzt ganz schön spannend an, aber ich möchte es auch nicht klein reden und sagen: das war alles „easy peasy“, die Tour hatte es für den Vierbeiner und den Zweibeiner schon in sich! Aber ich würde diesen Steig jederzeit wieder laufen, es hat bei aller Anstrengung auch unglaublich begeistert und fasziniert! Und es ist dann auch immer wieder erstaunlich, wenn man erst mal ein Radler getrunken hat und einen Moment auf der Bank sitzt, wie schnell sich dann ein wohliges Gefühl einstellt.

Es war wirklich eine tolle und geniale Wanderung, die jetzt hinter mir liegt. An diesem Abend schlafe ich bereits um 20:15 Uhr ein. So müde bin ich! Und Rosa auch!

3. Etappe TOURENTELEGRAMM:
Refugio Tuckett bis Malga Spora
, 10 km, 430 hm hoch, 850 hm runter, reine Gehzeit 4:00 h

Highlight: der Weg vom Refugio Stoppani zur Malga Spora

Wetter: Sonnig und warm, ab 14 Uhr eine Stunde Regen

Nachdem ich von der gestrigen Tour so ausführlich berichtet habe, wird es heute etwas kürzer. In der Nacht hat es geregnet, doch am Morgen scheint wieder die Sonne. Nach der langen und anstrengenden Tour gestern, gehe ich alles etwas langsamer an und starte erst um 8:30 Uhr meine Tour (für meine Verhältnisse ganz schön spät).

Refugio Tuckett im Morgenlicht

Ein erster sehr faszinierender Wegabschnitt beginnt: zu meiner Rechten die faszinierende Felsenkulisse der Brenta und zu meiner Linken eine blühende Almwiese und der Blick in das Tal und von dort Kuhglockengebimmel! Ein unglaublicher Kontrast und sehr schön. Vom Tal steigt Nebel auf und hüllt teilweise die Felsen ein. Der Weg wechselt zwischen schmalem Pfad und dann wieder etwas kraxeln über Felsen. Aber alles einfach zu gehen. Ich merke, dass ich mich der Seilbahnstation nähere, denn immer mehr Wanderer kommen mir entgegen. Beim Restaurant der Seilbahn (Refugio Stoppani), mache ich auch einen kurzen Stopp und gönne mir einen Cappuccino.

Danach beginnt ein sehr schöner Wegabschnitt Richtung Malga Spora! Es ist wie im Bilderbuch: Weite Wiesen, Felsen, Bergmassive, blauer Himmel, Wolken, etwas Nebel, immer wieder kleine Blümchen zwischen den Felsen, und der Weg geht geschwungen auf und ab.

Ein seltener Anblick – Edelweiß

Im letzten Abschnitt wird es dann etwas steiler, es geht bergab Richtung Malga Spora. Wieder gibt es sehr viel Geröll, das wir queren. Aber alles in allem ein einfacher Weg, mit traumhafter Kulisse!

Malga Spora

Bereits um 14:00 Uhr sind wir am Ziel unserer Etappe angekommen: die Alm Malga Spora. Die Kühe auf der Weide, die Alm liegt friedlich da, und als dann Regen einsetzt, gehe ich schnell hinein und mich empfängt eine warme Stube, in der das Kaminfeuer schon knistert. Ich freue mich, dass ich heute noch ein wenig Zeit habe, um die Erlebnisse der vergangenen Tage zu verarbeiten, alles noch mal vorbeiziehen zu lassen, und die inneren Bilder kommen zu lassen und darin zu baden und das tue ich dann auch, ich lege mich auf mein Bett und genieße die freie Zeit!

4. Etappe TOURENTELEGRAMM:
Malga Spora bis Val Boile
, 7 km, 600 hm hoch, 1250 hm runter, reine Gehzeit 4:30 h

Highlight: Cima dei Lasteri

Wetter: Sonnig

Auch der vierte Wandertag begrüßt mich mit herrlichem Sonnenschein und gegen 8:00 Uhr starte ich meine Wanderung. Kurz geht es über die Wiesen der Malga Spora und anschließend einen schönen schmalen Wanderweg hinauf Richtung Cima dei Lasteri. Dieses Gipfelerlebnis ist das absolute Highlight des 4. Tages.

Noch einmal genieße ich den herrlichen Rundumblick, mit den beeindruckenden Brentabergen auf der einen Seite, und dem Moldeno See auf der anderen Seite. Ich bin tief beeindruckt und nehme diese Eindrücke noch mal tief in mich auf. Dann ist schon der Abstieg angesagt: 1250 m geht es nach unten, das geht ganz schön in die Beine, aber Rosa und ich genießen nach wie vor jeden Moment dieser Tour.

Rosa braucht eine Ruhepause

Es gibt noch mal ein kurzes Päuschen und so mancher Wanderer hat noch die ein oder andere Frage, denn so ein Hund mit Satteltaschen erregt immer wieder Aufmerksamkeit. Um 13:30 Uhr bin ich wieder am Auto. Bevor ich die Heimfahrt antrete, gibt es noch eine Einkehr in einer Pizzeria und gestärkt mache ich mich auf den Heimweg.

Vier Tage Brenta liegen hinter mir, ein absolut beeindruckendes Gebirgsmassiv, das ich sicher mal wieder besuchen werde.

Das Alleine wandern hat unglaublich gut getan, mich zur Ruhe gebracht, ich konnte meine Seele baumeln lassen. Oft musste ich sehr konzentriert laufen und gerade dann habe ich den Eindruck, dass der Kopf so richtig schön leer ist. Das tut gut.

Wanderpoesie: „Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung, die der Reisende nicht ahnt.“ Martin Buber

Diese Tour findet ihr in folgendem Wanderführer:

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