Ein besonderer Geburtstag mit Bullenbegegnung
Ich habe im August Geburtstag und in 2020 wünschte ich mir von meinem Mann, dass wir als Geburtstagsgeschenk gemeinsam einige Tage Bergwandern.
Wir starteten im Brandner Tal am Parkplatz Lünerseebahn. Wir fuhren aber nicht mit der Bahn zum Lünersee sondern wanderten den „Bösen Tritt“ um den ersten Aufstieg zum Lünersee zu bewältigen.
Von dort ging es erst am Lünersee entlang und dann über den Saulakopfsteig zur Heinrich Hüter Hütte. Das war unsere erste Etappe. Auf der Heinrich Hüter Hütte, bin ich immer wieder sehr gerne, der Hüttenwirt ist sehr freundlich, unsere Hündin Rosa ist willkommen, es ist eine Hütte, die auch gut für Kinder geeignet ist. So richtig zum Wohlfühlen.
Unser nächstes Ziel war dann die Lindauer Hütte. Wir wanderten aber nicht den direkten Weg, sondern liefen noch einmal zum Lünersee zurück (allerdings nicht über den Saunakopfsteig, sondern über die Lünerkrinne) und vom Lünersee aus zum Gafalljoch. Von dort konnten wir herrlich in die Schweizer Alpen blicken. Auf der Schweizer Seite erwanderten wir das Schweizer Tor. Dort erwartete uns eine Herausforderung, denn Rosa musste eine Leiter bewältigen. Ich war den Weg schon einmal gewandert und wusste, die Leiter geht nach oben, und so etwas ist für Rosa machbar. Leiter nach unten, das wird schwierig! Hier wird deutlich, wie wichtig es ist, sich genau über die Wegbeschaffenheit zu informieren, wenn man mit Hund unterwegs ist. Und zur Not muss man auch mal umkehren oder eine Stelle umlaufen, damit weder Hund, noch Herrchen oder Frauchen in Gefahr geraten! Aber Rosa bewältigte die Leiter mit Bravour und wir waren stolz wie Harry! Danach ging es über den Öfapass zur Lindauer Hütte.
Die Lindauer Hütte hat mehr den Charakter eines Alpengasthofs, und Hunde dürfen dort eigentlich nicht übernachten, doch da Rosa beim DRK eine Ausbildung zum Rettungshund gemacht hat, durfte sie als Diensthund im Trockenraum übernachten. Ich habe in dieser Nacht nicht gut geschlafen, ich habe mir viele Sorgen um meinen Hund gemacht, denn es war in diesem Raum doch sehr laut durch die Lüftungsanlage und warm. Ich machte mir immer wieder Gedanken, ob mein Hund vielleicht dort vertrocknet. Aber sie war gesund und munter, als ich sie am Morgen aus diesem Raum wieder in Empfang nahm.
Von der Lindauer Hütte wanderten wir über den Rätikon Höhenweg Nord erst zur Tilisuna Hütte und dann über den Rätikon Höhenweg Süd zur Carschina Hütte, wo wir übernachteten. Auch in dieser Nacht hatte ich wieder einen besonderen Schlafplatz. Auch in der Carschina Hütte dürfen Hunde nicht in den Zimmern übernachten, sondern dürfen entweder in einem Holzverschlag schlafen oder, und dafür habe ich mich entschieden, mit Herrchen oder Frauchen in der Gaststube übernachten, wenn alle Gäste gegangen sind. Das haben wir gemacht und haben super gut geschlafen. Die Carschina Hütte gefällt mir sehr gut, sie ist eine kleine alte Hütte, mit viel Holz, das Team ist super nett. Auch die Lage ist einfach nur traumhaft.
Von der Carschina Hütte aus, sind wir am nächsten Morgen, es war mein Geburtstag, weiter den Rätikon Höhenweg Süd gelaufen bis zur Schesaplanahütte. Der Weg zog sich ganz gut in die Länge, war aber auch wieder traumhaft schön, mit vielen wunderbaren Ausblicken. Eine Herausforderung zeigte sich auf dieser Strecke durch die Herdenschutzhunde. Wir wurden mit Tafeln darauf hingewiesen, dass wir Abstand von Schafherden halten sollen, und dass diese von Herdenschutzhunden, ohne Schäfer, bewacht werden und in welchen Bereichen sie sich gerade aufhalten. Auch Verhaltensregeln im Falle einer Begegnung mit einem Herdenschutzhund, wurden beschreiben und waren nicht gerade Mut machend! Wir mussten durch solch einen Bereich hindurch wandern und wir hatten kein gutes Gefühl bei dem Wissen, dass da auch Herdenschutzhunde sein könnten. Eine Schafherde die wir sahen, haben wir dann großräumig umlaufen und so kam es nicht zu einer direkten Begegnung. Aber davor hatten wir schon großen Respekt. Dafür gab es auf dieser Strecke eine Rinderherde mit Bullen, die uns ziemlich Stress machte, denn wir wurden von einem schwarzen Bullen verfolgt, der es scheinbar auf Rosas rote Satteltaschen abgesehen hatte. Es gab für uns an dieser Stelle leider keine Möglichkeit auszuweichen! Ich wehrte den Bullen, dank Wanderstock und einem tiefen bestimmenden Tonfall, so gut ich konnte ab, aber danach hatte ich ganz schön weiche Knie und freute mich, dass alles gut gegangen war. Die Begegnungen mit dem lieben WEIDEVIEH sind dann doch herausfordernd.
Auf der Schesaplanahütte durften wir im Winterraum übernachten. Das ist häufig so, dass wir als „Wandernde mit Hund“ im Winterraum übernachten. Dort sind wir für uns und stören niemanden. Manchmal ist es ein bisschen kalt und rustikal, aber ansonsten fühle ich mich im Winterraum immer sehr wohl, genieße es für mich zu sein und freue mich darüber, einen schönen Übernachtungsplatz zu haben. Ich bin dankbar, wenn ich als „Wandernde mit Hund“ in Hütten übernachten darf und nehme dafür auch gerne eine etwas einfachere Übernachtungsmöglichkeit in Kauf. Mir ist es wichtig, dass der Hund niemanden stört und freue mich an Rosa, die sich immer wieder top verhält. Sie ist ruhig, lieb und oft so müde, dass man von ihr gar nichts mehr mitbekommt.
Viele Hüttenwirte geben uns bei der Verabschiedung ein großes Lob: wenn alle Hunde so wären wie Rosa… Das freut mich natürlich, dass Rosa immer wieder gern gesehen ist.
Unser letzter Wandertag hatte dann noch eine Herausforderung für uns bereit, wir wanderten den Schweizersteig zu Schesaplana, für den Hund eine große Herausforderung, denn das Gestein auf diesem Steig ist an einigen Stellen sehr scharfkantig. Am Gipfel angekommen, zog es dann zu und es war windig und sehr kalt, und die Böen waren so stark, dass wir Rosa am Gipfelkreuz festbinden mussten, damit sie uns nicht davonflog. Sie war durch den starken Wind so ängstlich, dass wir sie über eine gewisse Zeit an der Leine lassen mussten, der starke Wind irritierte sie komplett. (Video Schesaplana) Von der Schesaplana aus wanderten wir zur Totalphütte. Dort kehrten wir noch mal ein, um dann mit flottem Schritt den Abstieg zum Auto anzutreten, denn ein Wetterwechsel war angekündigt und wir wollten nicht in den Starkregen kommen, der dann auch einsetzte, als wir gerade beim Auto ankamen.
Zur Totalphütte: Bei dieser Wanderung übernachteten wir dort nicht, aber ich habe dort schon übernachtet. Die Hütte hat eine besondere Lage und Geschichte. Bereits zweimal wurde die Hütte durch eine Lawine zerstört, zuletzt im Januar 2019 durch eine Staublawine. Sie wurde neu aufgebaut und im Sommer 2020 wieder eröffnet. Ein kleiner „Showroom“ zeigt in einer Dokumentation die bewegte Geschichte der Hütte. Ich war bereits dreimal auf der Schesaplana, hatte immer besondere Wetterereignisse dort! Mir scheint, dort zeigen sich Wetterwechsel mit einer besonderen Intensität! Macht aber auch ganz allgemein deutlich: In höheren Lagen in den Alpen zu wandern, kann gefährliche Situationen mit sich bringen, dessen sollten wir uns gewusst sein und vor lauter „Glücksgefühl“ nicht zu leichtsinnig werden! Das „Erste Hilfe Set“ gehört immer in den Rucksack, auch ein paar Grundkenntnisse darüber, wie man sich zu verhalten hat, wenn man in eine Notlage/Situation gerät! Bei uns trägt Rosa das „Erste Hilfe Set“! Sie ist unser Rettungshund J!
Was bleibt am Ende so einer Tour zu sagen: Fünf spannende Tage bergwandern, fünf Tage wunderbarer Zweisamkeit in einer Bergwelt, die uns immer wieder ins Staunen versetzte, die uns faszinierte, die uns zur Ruhe brachte, einfach traumhaft schön. Wir waren körperlich herausgefordert, aber nicht überfordert. Glücklich, dankbar, froh!
An einem Morgen (Ich laufe immer früh mit Rosa eine kleine Runde und genieße die Morgenstimmung) kam mit ein Liedvers von Paul Gerhard in den Sinn:
„Die güldne Sonne, voll Freud und Wonne, bringt unsern Grenzen, mit ihrem Glänzen, ein herzerquickendes, liebliches Licht. Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder; aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, schaue den Himmel mit meinem Gesicht.“